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Marc Haarmeier: „Es gibt auch im Change keine one-fits-all-Lösung“

Hast Du Erfahrungen mit einem gelungenen Veränderungsprozess gemacht?
Ich habe in zahlreichen Projekten sowohl bei unseren Kunden als auch in den Unternehmen, für die ich tätig war und bin, Change-Prozesse mitgestaltet und getrieben. Die Methodik für gutes Change-Management hat sich in den letzten 25 Jahren wenig geändert. Es sind die Projektlaufzeiten allerdings kürzer geworden und das tut dem Ergebnis nicht immer gut, denn Change braucht Zeit, um nachhaltig zu wirken. Und es ist heute viel wichtiger geworden, einen laufenden Changeprozess immer wieder zu justieren und anzupassen, ohne das Zielbild zu ändern.

Kannst Du von einem konkreten Beispiel erzählen – und warum es gut funktioniert hat?
Das Rebranding und die strategische Neuausrichtung der AMPLEXOR, die ehemals unter euroscript firmierte, ist ein Beispiel eines gelungenen Changeprozesses, der das ganze Unternehmen betroffen hat. Es war allen Beteiligten klar, warum diese Neupositionierung notwendig war, und Gespräche mit unseren wichtigsten Kunden und Partnern haben uns sehr früh im Prozess gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Was hast Du in dem Prozess gelernt?
Das auch im Change keine „one-fits-all“-Lösung gibt, sondern der Prozess, das Timing und die Kommunikation jeweils angepasst werden müssen. Während für ein B2C Unternehmen ein „Big-Bang-Approach“ oft richtig ist, war es für uns als B2B-Unternehmen wichtig, unsere Kunden und alle Stakeholder frühzeitig in den Prozess mit einzubeziehen. Auch die Mitarbeiter auf allen Ebenen wurden rechtzeitig involviert und sie hatten Zeit, sich einzubringen und sich auf die Veränderung vorzubereiten. Dabei hilft es enorm, wenn das Zielbild für alle Beteiligten sehr attraktiv ist.

Hast Du Erfahrungen mit einem misslungenen Veränderungsprozess gemacht?
Ich war mal in einem Kundenprojekt involviert, in dem es darum ging, das Unternehmen fit für den Börsengang zu machen. In Hinblick auf dieses mittelfristige Ziel sollten alle Prozesse und Systeme komplett neugestaltet und entwickelt werden. Im Laufe des Projektes wurde der geplante Börsengang verschoben und alle Aktivitäten seitens der Gesellschafter gestoppt.

Warum ist der Prozess aus Deiner Sicht misslungen?
Das Zielbild war nicht richtig, denn auch nach dem abgesagten Börsengang wäre es sinnvoll gewesen, viele geplante und laufenden Aktivitäten weiterzuführen, die das Unternehmen wettbewerbsfähiger gemacht hätten. Es war den Beteiligten nicht klar, dass der angepeilte Börsengang ein positives Ergebnis der verbesserten Wettbewerbsfähigkeit ist und schlecht geeignet als eigenständiges Ziel.

Was hast Du daraus gelernt?
Gerade in unserem sehr agilen Umfeld ist das Zielbild von enormer Bedeutung. Natürlich muss man sein Handwerkszeug des Change-Managements beherrschen, das gilt es allerdings immer wieder auf die jeweilige Organisation und ihre Kultur anzupassen.

Ein prominentes Beispiel für ein unpräzises Zielbild aus dem Sport ist das Champions-League Finale 2012. Bayern-München hatte 2012 die seltene Gelegenheit die Champions-League im heimischen Stadion zu gewinnen. Das Zielbild, von dem alle sprachen hieß „Finale dahoam“ und dieses Zielbild wurde auch erreicht, da man sich bis zum Finale qualifiziert hatte. Das Zielbild hätte vielleicht besser „Finalsieg dahoam“ heißen sollen, Bayern verlor das Finale schließlich.

Gibt es zu den Faktoren, die unser Change Game nennt, noch weitere Aspekte, die Du wichtig findest?
Noch wichtiger als einzelne Change-Programme ist es, eine Kultur zu entwickeln und zu fördern, die eine hohe Veränderungsbereitschaft und -freude entwickelt. Auch aus Projekten, die im ersten Anlauf nicht so erfolgreich waren, kann man lernen. Aus gescheiterten Projekten lernt man am meisten, wenn es die Möglichkeit gibt, das kritisch zu reflektieren. Die Freude daran, sich als Unternehmen weiter zu entwickeln ist ein extrem wichtiger Erfolgsfakor.

Die Fußballkenner wissen, dass es 2013 für Bayern mit dem Champions-League Sieg geklappt hat, das wäre vielleicht ohne die Erfahrungen aus dem Vorjahr nicht möglich gewesen.

Vielen Dank für das Interview, Marc!

Marc Haarmeier

Über Marc Haarmeier

Marc Haarmeier verantwortet seit 2011 bei AMPLEXOR (bis 2015 euroscript) als Geschäftsführer für die DACH- und die CEE-Region die Akquisition und Umsetzung digitaler Transformationsprojekte. Bis zu seinem Engagement bei AMPLEXOR war er als Mitglied der Geschäftsführung verschiedener internationaler IT- und Beratungsunternehmen für ganzheitliche Veränderungsprojekte verantwortlich. Der Wirtschaftsingenieur verfügt insgesamt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in agilen Changeprogrammen. Extreme Kunden- und hohe Ergebnisorientierung sind ihm dabei besonders wichtig.

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