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Thomas Eggert: „Das Ganze geht nicht ohne die Bereitschaft zur eigenen Veränderung“

In den letzten 20 Jahren hat sich technologisch enorm viel verändert. Du bist seit dieser Zeit Vorstand oder Geschäftsführer. Was sind deine Erfahrungen mit Change Prozessen?
In dieser Zeit habe ich wirklich viele Change Prozesse erlebt, das ist richtig. Dabei habe ich sowohl positive als auch negative Erfahrungen gemacht, ich denke, das ist auch ganz normal. Die Frage ist doch eher, was bedeutet in einem solchen Prozess positiv oder negativ, denn jeder Veränderungsprozess hat doch etwas Positives an sich. Ohne Veränderung steht alles still und das ist aus meiner Sicht absolut die schlechteste Variante. Der maßgebliche Unterschied liegt aus meiner Sicht in der Fähigkeit der handelnden Personen, Veränderungsprozesse auch mal anzupassen und vielleicht einmal den ein oder anderen Umweg zu gehen, um sich auf Betroffene Personen einzustellen. Ansonsten gibt es am Ende wirklich nur Verlierer. Weiterhin sollten wir nicht nur von Prozessen sprechen, vielmehr ist doch jeder Change Prozess eine Veränderung von Menschen bzw. deren Einstellungen und Vorgehensweisen. Und dabei ist es egal, ob es technologische, prozessuale oder hierarchische Veränderungen sind.

Ich bin ja nun seit 35 Jahren im Berufsleben und ich glaube, dass derzeit viel zu viel nur über technologische Change Prozesse diskutiert – es gab und gibt auch weiterhin viele Veränderungen, die ohne technologischen Hintergrund ablaufen und dennoch erhebliche Veränderungen mit sich bringen.

Kannst du von einem Change Prozess erzählen, der besonders gut geklappt hat?

In einer meiner beruflichen Stationen haben wir begonnen, Arbeitsplätze nur noch digital auszustatten. Gerade in der Personalarbeit wird noch sehr viel papierbehaftet gearbeitet und wir wollten 300 Personalsachbearbeiter in 12 Geschäftsstellen nur noch papierlos arbeiten lassen. Gerade Personaler haben ja den Ruf, nicht gerade die größten IT-Fans zu sein und häufig hört man von einer Abwehrhaltung gegenüber neuen Technologien. Wir haben am Ende dann doch sämtliche Arbeitsplätze umgestellt.

Warum hat dieser Prozess gut geklappt? Was hast du daraus gelernt?

Zum einen war uns wichtig, dass die neue IT-Lösung wirklich die Prozesse so abbildet, dass sich die Sachbearbeiter in ihrer täglichen Arbeit wiederfinden. Dies bedeutete, einen Teil der Mitarbeiter auch schon sehr früh in die Entwicklung der Lösung mit einzubinden. Das andere und vielleicht wichtigere Thema war, die Ängste der Mitarbeiter kennen zu lernen und von vornherein darüber zu sprechen. Natürlich hat bei solch einer Maßnahme jeder erst einmal Angst um seinen Arbeitsplatz aber auch, dass er mit der neuen Technologie nicht zurechtkommt – vor allem bei etwas älteren Mitarbeitern. Das erste Thema war zum Glück problemlos, da wir uns in einem starken Wachstum befunden haben und nicht schnell genug neue Mitarbeiter einstellen konnten. Für das andere Thema haben wir viel Aufmerksamkeit auf das Thema Schulung, Coaching etc. gelegt, vor allem durch Kollegen aus den eigenen Reihen, die auch hier wieder das Geschäft kannten und nicht nur reine „Software-Trainer“ waren. Diese konnten sehr gut auf die Fragen eingehen wurden von den Kollegen voll akzeptiert.

Was ich gelernt habe? Ehrlich gesagt – nichts Neues. Ich habe meine berufliche Karriere bei einer großen Bank begonnen und hier haben wir im Projektgeschäft schon immer viel Wert darauf gelegt, betroffene Mitarbeiter von vornherein mit einzubinden und auf die ganz normalen und menschlichen Ängste zu schauen und diese offen zu besprechen. Schon vor 30 Jahren hieß es bei uns „Betroffene zu Beteiligten machen“.

Kannst du auch von einem Prozess erzählen, bei dem der Wandel nicht wie geplant gelungen ist? Woran lag das?

Natürlich – und das sind dann immer Prozesse, in denen die menschliche Komponente zu wenig beachtet wurde. Ich selbst habe das auch erlebt – unsere Firma wurde von einer anderen aufgekauft und wir wurden vom neuen Vorstand mit den Worten begrüßt: „Ich wollte euch nicht kaufen, das wollte nur unser Investor. Ich weiß gar nicht, was ich mit euch machen soll!“ Da kommt doch vom ersten Kontakt eine sehr positive Stimmung auf.

Letztendlich funktioniert so ein Change Prozess dann am Ende doch wieder, wenn alle Beteiligten ein gemeinsames Ziel finden und verfolgen. Aus meiner Erfahrung heraus klappt es am Ende dann doch, aber mit einem wesentlich höheren Aufwand, viel Frust und nicht selten verliert man gute Mitarbeiter in einem solchen Prozess.

Gibt es zu den Faktoren, die unser Change Game nennt, noch weitere Aspekte, die Du wichtig findest?

Was auch häufig vernachlässigt wird, sind die Führungskräfte im mittleren Management. Das oberste Management erwartet von Führungskräften immer das Kommitment zu Change Prozessen, vergisst dabei aber gerne, dass auch diese ihre persönlichen Unsicherheiten und vielleicht auch Ängste haben.

Und das Ganze geht nicht ohne die Bereitschaft der eigenen Veränderung. Wenn ich selbst an mein Berufsleben zurückdenke, war auch ich selbst laufend von Veränderungen geprägt. Als Banker begonnen, weiter als operativer Personaler, Organisator von Prozessen, Geschäftsführer eines Dienstleisters und hier plötzlich Vertriebschef und jetzt Geschäftsführer einer Software-Company. Und ganz nebenbei habe ich jetzt begonnen, eine Aktion gegen den Populismus auf dieser Welt zu starten und verkaufe Bier. Das hätte ich mir bei meiner Banklehre auch nie gedacht.

Vielen Dank für das Interview, Thomas!

Thomas Eggert Portrait

Über Thomas Eggert

Thomas Eggert ist Geschäftsführer der BEGIS GmbH. Der Blogger und Buchautor beschäftigt sich bereits seit Jahrzehnten mit der Prozessoptimierung und Digitalisierung im Personalbereich. Während seiner beruflichen Stationen war er als Personalleiter und Organisator im Bankwesen, als Geschäftsführer und Vertriebschef bei Dienstleistern für Personaler unterwegs. Mit seinem neuesten Projekt dump beer startete er eine Aktion gegen den derzeitigen Populismus in Politik und Wirtschaft.

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